Einführung neuer Software beim Auftraggeber eines Anwenders
Anhand der Beschreibung eines für uns typischen Kunden-Projekts wollen wir die Zusammenarbeit mit unseren Kunden darstellen.
Im Mai 2018 erfahren wir von unserem Kunden, dass sein Auftraggeber (Weltmarktführer) ab Oktober 2018 weltweit ein neues Warenwirtschaftssystem einführen will und dies auch bei einem seiner Standorte in Deutschland vor hat.
Der Auftraggeber beschreibt zu diesem Zeitpunkt unserem Anwender sein Vorhaben:
- Er will neue Artikelnummern einführen und diese in Zukunft mit einer EDIFAKT-Norm (PRODAT D96A) übertragen. Unter Umständen müsse man beim Scannen im Lager die Ware teilweise mit der alten oder mit der neuen Artikelnummer scannen können. Oder aber alle Paletten im Lager, die noch mit der alten Artikelnummer belabelt wären, müssten zum Stichtag durch einen Scann-Vorgang ein neues Label mit der neuen Artikelnummer erhalten.
- Er will für die Einlagerung seiner Rohwaren beim Lagerhalter die Lieferschein-Daten mit einer EDIFAKT-Norm übertragen und erwarte nach der Einlagerung eine Rückmeldung über die tatsächlich angelieferten (eingelagerten) Waren mit einer weiteren EDIFAKT-Norm (INSDES GREC).
- Bei dieser Einlagerung sollen neue Chargennummern des Auftraggebers vergeben werden. Ein entsprechendes Nummern-Intervall soll der Lagerhalter mit einer XML-Norm anfordern und dann anschließend mit einer weiteren XML-Norm erhalten. Diese Nummern sollen dann entsprechend verwendet und verwaltet werden.
- Er will für die Einlagerung seiner Fertigwaren beim Lagerhalter die Lieferschein-Daten mit einer EDIFAKT-Norm (INSDES D96A Typ 352) übertragen und erwartet nach der Einlagerung eine Rückmeldung über die tatsächlich angelieferten (eingelagerten) Waren mit einer EDIFAKT-Norm (INSDES GREC).
- Er will für die Auslagerung seiner Rohwaren durch unseren Anwender (also Anlieferung an das Werk für die Produktion) die Lieferschein-Daten mit einer EDIFAKT-Norm (INSDES D96A Typ 351) übertragen und erwartet nach der Auslagerung eine Rückmeldung über die tatsächlich ausgelagerten Waren mit einer EDIFAKT-Norm (DESADV D96A).
- Er will für die Auslagerung seiner Fertigwaren durch den Lagerhalter (also Anlieferung an den Bestellkunden) die Lieferschein-Daten mit einer EDIFAKT-Norm übertragen und erwartet nach der Auslagerung eine Rückmeldung über die tatsächlich ausgelagerten Waren mit einer EDIFAKT-Norm (INSDES GREC).
- In Zukunft sollen für die Fertigwaren Lieferscheine in einem noch zu definierenden Layout des Lagerkunden mehrsprachig gedruckt werden.
- Zum Zeitpunkt der Umstellung Anfang Oktober wird eine mehrtägige Vorort-Unterstützung erwartet.
Schematische Darstellung der Warenströme / EDI-Nachrichten:
1. Produzent sendet Artikel-Stammdaten (rot)
2. Anwender fordert Chargen-Nummern an (blau) und erhält sie vom Produzenten (rot)
3. Vorlieferant liefert Rohwaren an (schwarz)
4. Produzent sendet für 3.) die Soll-Daten (rot) und erhält später die Ist-Informationen (blau)
5. Produzent fordert Rohwaren an (rot) und erhält später die Ist-Informationen (blau)
6. Produzent lässt Fertigwaren abholen (rot) und erhält später die Ist-Informationen (blau)
7. Anwender liefert Fertigwaren an Kunden (schwarz)
8. Produzent fordert auf, Fertigware an Kunden zu senden (rot) und erhält später die Ist-Informationen (blau)
Auf Basis dieser Informationen und zahlreicher Telefonkonferenzen mussten wir ein verbindliches Angebot erstellen. Zwei Monate vor dem Start in den Echtbetrieb erhielten wir den Auftrag.
Erst in den darauf folgenden Wochen wurden die Schnittstellen (EDIFAKT-Normen) seitens des Lagerkunden definiert. Vierzehn Tage vor dem Umstieg stellte der Lagerkunde fest, dass die Konvertierung der Artikel und Neubelabelung der Ware in seiner Software nicht wie geplant stattfinden könne und er definierte ein neues Konzept. Tests der diversen Programm-Änderungen konnte unser Anwender größtenteils nicht auf seinem Testsystem durchführen, da er keine repräsentativen Daten von seinem Lagerkunden erhielt. Unser Anwender musste sich deswegen „blind“ auf unsere Tests auf unserem Rechner verlassen. Mit einem „Sprung-ins-kalte-Wasser“ wurde am letzten Samstag im September die Konvertierung des Datenbestands im Echtsystem vorgenommen. Erst an diesem Tag stand eine vollständige neue Artikel-Stammdatei zur Verfügung. Und am Sonntag wurden erste Lieferscheine übertragen für die Auslieferungen, die ab Montag erfolgen mussten.
Die Art und Weise der Durchführung dieser Umstellung war weder im Sinne unseres Anwenders noch in unserem. Nach der Umstellung konnte unser Kunde zufrieden feststellen, dass die Probleme, die kurzfristig nach der Umstellung auftauchten, fast ausschließlich auf Prozesse beim Lagerkunden zurückzuführen waren. Auf eine Vor-Ort-Unterstützung in den ersten Tagen nach der Umstellung konnte unser Kunde übrigens verzichten.